Einmal um die ganze Welt: Kunst virtuell entdecken
Metropolitan Museum of Art | New York
Los ging mein Rundgang in einem der bedeutendsten Museen der Welt, das noch daszu in diesem Jahr seinen 150. Geburtstag feiert: das Metropolitan Museum of Art in New York. Die alte Dame wollte natürlich anständig feiern. Leider alles abgesagt. Aber eben ein guter Grund, hier meine Tour zu starten. Und das wird auch gleich belohnt, denn hier gibt zwei Highlights, die ich unbedingt empfehle: The Artists Project ist eine wunderbare Video-Serie, in der Künstler ein Bild der Met besprechen. Es sind ganz wunderbare Einblicke in die Arbeitswelt aktiver Künstler und und ihre Art, auf historische Kunst zu blicken. Man lernt mit jedem kleinen Video dazu - herrlich kuratiert und auch produziert. Sehr sehenswert.Und dann ist da natürlich das Highlight des Metropolitan, anlässlich des 150. Geburtstags: die umfassendste Ausstellung des bedeutendsten Künstlers der heutigen Zeit - über 100 Werke sind von ihm zu sehen: Gerhard Richter.
Die Ausstellung hängt seit März ... hat bisher kaum Besucher gesehen - es ist ein Jammer. Daher unbedingt den Video-Rundgang machen und die ergänzenden Materialien ansehen, die sehr sehr gut zusammengestellt sind und erahnen lassen, wie fantastisch die Ausstellung ist und welch ein Ausnahmekünstler Richter ist.
Ansonsten will ich das Metropolitan - unter allen anderen Museen, die ich danach besucht habe - wirklich hervorheben. Kunstwerke aus 5.000 Jahre sind hier fantastisch online präsentiert - es macht Spaß hier zu stöbern und sich stundenlang treiben und inspirieren zu lassen und zu lernen.
Louvre | Abu Dhabi
Von Amerika geht es weiter auf einen anderen Kontinent - Richtung Osten und Asien, und zu einem der jüngsten Kunstmuseen der Welt, zum Louvre von Abu Dhabi. Dort wird man gleich begrüßt mit dem Thema "Art from Home", denn auch hier ist die Ausstellung - und damit diese großartige Architektur - für Besucher geschlossen. Neugierig macht das Motto "Stories of Cultural Connections".Leider wird der vollmundige Titel nicht eingelöst. Denn man kann sich zwar einzelne Objekte ansehen, die werden dann auch ein bisschen beschrieben, aber irgendwie kommt einem das alles als wahlloses Sammelsurium vor - und vielleicht steckt da auch ein bischen Wahrheit dahinter, was die tatsächliche Ausstellung vor Ort reflektiert.
Shanghai Propaganda Poster Art Center | Shanghai
Weiter geht es Richtung Osten und in China bleibe ich hängen im Shangai Propaganda Poster Art Center - ein Museum für Propaganda-Poster. Und das kann tatsächlich großartige Kunst sein. Die sich schlicht und einfach auch online erkunden lässt. Ein Fest für Grafiker und Visual Artists - hier kann man sich optisch super inspirieren lassen. Alleine schon durch die krassen Farben. Ein Fest für die Augen.Museum of Digital Art | Zürich
Und noch weiter östlich stöbere ich in Tokyo herum und werde auf das Museum of Digital Art aufmerksam, das laut Google in Tokyo ist - stimmt aber gar nicht, das ist in Zürich. Und so lande ich wieder in Europa - eine kulturelle Weltreise quasi. Vom MuDA habe ich ein bisschen mehr erwartet, schließlich wäre das jetzt doch die perfekte Zeit, um hier wirklich ein Feuerwerk abzufakeln - online. Aber eigentlich ist nur die Einstiegsseite attraktiv gestaltet, alles andere erschließt sich mir nicht. Aber vielleicht habe ich auch einfach zu wenig gestöbert.Kunsthalle | München
Zurück in Europa kann man ja auch bei alten Bekannten vorbei gucken - bei der HypoKunsthalle in München zum Beispiel (ups, heißt die jetzt nur noch Kunsthalle?). Auf jeden Fall wurde die mir von einer guten Freundin gleich zu Beginn meiner Museums-Woche ans Herz gelegt. Daher mache ich mich - virtuell und mit einem GinTonic in der Hand - auf nach München. Man kann sich hier die Rokoko-Ausstellung "Mit Leib und Seele" von 2015 nochmals ansehen. Damals ein wunderbares Erlebnis. Als VR-Anwendung ist das Ganze leider sehr mühevoll. Man muss ständig hindrücken, bewegen, sich irgendwie orientieren und dann vor allem auch lesen ... nicht wirklich besucherfreundlich. Die aktuelle Ausstellung ist dem Modeschöpfer Thierry Mugler gewidmet. 150 Haute-Couture und Prêt-à-porter-Outfits werden da gezeigt - anhand der Fotos ist zu erahnen, was für eine großartige Schau da auf ihre Besucher wartet. Es gibt dazu auch eine VR-Anwendung - leider auch sehr mühevoll. Vielleicht kann man es live ja doch noch sehen.Getty Center | L.A.
Good old Munich hat etwas enttäuscht, daher mache ich mich nochmals auf in die große, weite Welt und zum Getty Center in L.A. Das Museum ließ aufhorchen, denn zum Start der Corona-Krise und mit der Schließung auch dieses Museum rief das Getty-Team seine Fans auf, berühmte Gemälde mit einfachen Mitteln zuhause selbst nachzustellen. Inspiriert hatten sich die Museumsleute von einem russischen Instagram-Feed und der Aufruf führte zu unzähligen kreativen Bildern in aller Welt.
Auch ich hab mich da ja versucht - mit "Der arme Poet" von Carl Spitzweg:
Das Getty Center hat es sich ja zur Aufgabe gemacht, vor allem Wissen über Kunst zu vermitteln und daher kann man sich hier wunderbare Videos ansehen, wie Kunst entsteht. Ich habe mich schlau gemacht, wie mittelalterliche Bücher entstanden sind und gelernt, wie viele Gewerke daran beteiligt waren - sehr sehr sehenswert. Herrlich ist aber auch die Michelangelo-Ausstellung, die man auch online sehenswert durchwandern und erleben kann.
Anhand kleiner Videoclips, in denen der Kurator einzelne Skizzen und Bilder genau kommentiert, kann man das Genie Michelangelo besser verstehen. Sicher hätte man das Ganze noch besser online präsentieren können - aber dazu fehlte dann wohl die Zeit. Mit etwas Muße lernt man aber einiges über den großen Meister.
Louvre | Paris
Wenn schon von großen Meistern die Rede ist, dann will ich doch noch einmal in Paris in den Louvre blicken, hier hängt schließlich das populärste Bild der Welt: die Mona Lisa. Auch hier ist selbstverständlich geschlossen, aber das hat auch einen Vorteil, denn der Online-Mona-Lisa kann man so nahe kommen, wie niemals live. Jedes Fältchen kann man sich hier genau angucken. Leider allerdings auch kommentarlos, denn es gibt keinerlei weitere Erklärung zum Bild. Die kann man sich dann aber wo anders abholen - in einer kleinen Video-Serie, die für Dummies oder Kinder oder eben jeden Kunstintressierten gemacht ist: One Minute in a Museum ist absolut sehenswert, denn hier kommentieren drei amerikanisch anmutende Zeichentrick-Figuren herrlich die Kunst im Louvre. Und selbstverständlich ist da auch eine Episode zur Mona Lisa dabei.Gallerien
Auch die Gallerien haben ja jetzt zu - und da gibt es online auch wenig Ersatz für. Ausser man ist in Murnau, denn die Galerie Kistenblick hat einfach Bilder in die Natur gehängt und die kann man sich da draußen ansehen - oder auch auf der Webseite ... tolle Bilder des Fotographen Kristian Kolb. Und wer die Sehnsucht nach aktueller Kunst gar nicht aushalten kann, der guckt doch einfach auf die Online-Plattfromen Artsy oder Artnet - die kann man ja auch wie eine Gallerie durchstöbern - ich konnte da stundenlang gucken (und ohne zu kaufen).Deutsches Museum | München
Es muss ja nicht immer Kunst sein. In Museen steckt ja so viel mehr. Daher statte ich gegen Ende der Woche einem der bedeutendsten und ältesten technischen Museum der Welt, dem Deutschen Museum in München einen Online-Besuch ab. Hier hofft man auch, dass es ab Mai wieder los geht, denn viele Exponate der verschiedenen Hallen in diesem Museum leben davon, dass Menschen - vor allem Kinder - sie anfassen. Hier kann man drücken, ziehen, entdecken, das ist das Geheimnis des Deutschen Museum. Technikfaszination - das soll hier entstehen. Online ... passiert da dann aber leider gar nix. Husch Husch hat man anscheinend ein Video mit Museumsdirektor Wolfgang Heckl gedreht, der führt dann mit ein bisserl launiger Stimmung durch einige Hallen. Man nennt das dann vollmundig "Digitales Angebot". Aber Faszination sieht aber anders aus. Leider eine komplett verpasste Chance. Man könnte jetzt auch eine Ausrede finden, schließlich steckt das Museums seit Jahren im Komplettumbau und da kommt die Corona-Krise jetzt auch noch ganz dumm daher. Aber noch im Dezember war ich direkt vor Ort und musste leider selbst sehen, dass einfach zu viele Abteilungen vernachlässigt sind, mit uralten Daten (zum Teil noch in DM-Angaben statt Euro), dass neue Abteilungen zu selbstverliebt und unattraktiv und neue Themen sehr seltsam anmuten (was hat Kaffee mit Technik zu tun?). Schade ... und online ... läuft so gut wie nix. Dabei wäre das doch gerade jetzt die Stunde der Bewährung mit IT, KI, Alogithmen und was es sonst noch an Technik gibt ... irgendwie hat man sich hier verrannt...
British Science Museum | London
Also gucken wir nochmals nach London. Denn in punkto Museum sind die Briten spitze - und so auch in ihrem wissenschaftlichen Mutterschiff, dem British Science Museum. Da gibt es Games und Apps zum runterladen, da findet man 3D-Rundgänge und Videos, die faszinierende Wissenschaftler vor die Kamera holen und eben Leute ... die dabei waren! Wie eben die Astronautin Helen Sherman, die den von ihr ausgestellten Astronauten-Anzug in einem Video selbst erklärt. Objects and Stories ist ein wunderbarer Teil der Webseite des British Science Museum, der zum stöbern einlädt ... Wissenschaft vermitteln: so gehts. Ach ja und hier findet sich dann endlich auch mal ein Beitrag zu Covid-19. Ich verstehe gar nicht, warum die Wissenschafts-Museen da nicht sofort drauf anspringen und das als Kommunikationschance sehen.
Science World | Vancouver
Auch in der Science World in Vancouver sucht man vergebens. Dieses wissenschaftliche Museum besticht durch eine großartige Erlebniswelt - vor Ort. Online ist das leider nicht so der Fall. Schade.
Jagd- und Fischereimuseum | München
Da lob ich mir doch mein Jagd- und Fischereimuseum in München, wo man die aktuelle Ausstellung "Wasserwelten" wunderbar als Virtual Reality Experience erkunden kann - viel einfacher als bei der Kunsthalle und mit viel mehr Spaß, wenn man sich auf die Suche nach Fischen der Heimat begibt.
NS-Dokumentationszentrum | München
Am 30. April 1945 endet in München der Krieg. Bereits am 29.April befreien amerikanische Einheiten das KZ Dachau. Ein guter Anlass, um zu sehen, was man online beim NS-Dokumentationszentrum machen kann. Dachte ich mir. Leider gibt es da dann sehr wenig - ausser die Street-App scheint interessant zu sein, wenn man damit durch München läuft. Auf der Webseite des Dokumentationszentrums gibt es ansonsten wenig interessant aufbereitetes. Herausragend ist da das Storytelling-Projekt "Die Befreiung" des Bayerischen Rundfunks - und in dieser Art und Weise hätte ich mir von manchem Museum mehr gewünscht.
Es war eine spannende Woche - mit vielen neuen Eindrücken, Inspiration und Learnings. Aber online kann live dann doch nicht ersetzen - oder aber die Museeun müssen sich schon auch ein bisschen mehr Mühe machen. Vielleicht ist das ja eine Erkenntnis, die bleibt - nach der Corona-Krise. In Österreich dürfen die Museen übrigens schon nächste Woche öffnen. Wollen aber zum Teil gar nicht. Viele dachten, das dauert länger und haben mit fetten Umbauarbeiten angefangen. Die Österreicher protestierten - sie wollen wieder rein in die Museen. Und das ist dann doch auch ein schönes Zeichen.
Das war´s also mit meinem musealen Rundgang - nächste Woche heißt das Motto "Music & Concerts". Da gibt es was auf die Ohren. Virtuell und Online. Ich bin schon gespannt.
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