HOT OR NOT? TRENDS FOR MARCH

 


Corona seit einem Jahr. Natürlich hinterlässt das Spuren. Leider weniger im Sinne, wie das Matthias Horx noch im März 2020 vorausgesagt hatte. In seinem vielzitierten Essay „48“ prophezeite der Trendforscher eine „schönere Welt“ und machte damit im ersten Lockdown Mut. Heute könnten wir einiges von dem Optimismus von damals gebrauchen. Erschöpft nach einem Jahr Corona-Dauerstress fällt es uns schwer, die wenigen positiven Dinge zu feiern, die Horx auch vorhergesagt hatte.
In einem Punkt irrte sich der Futurologe jedoch gewaltig. Laut Horx sollten wir mit und dank Corona die Höflichkeit wieder entdecken – die wir schon vor 2020 schmerzlich vermisst hatten.

Noch ist die Pandemie nicht vorbei, aber von Höflichkeit kann keine Rede sein. Ganz im Gegenteil. Die Befindlichkeiten wachsen und der Hass im Netz wächst – auch wenn die Sozialen Netzwerke immer professioneller dagegen vorgehen. Dieses Phänomen der „dünnen Haut“ ist allerdings nicht nur Corona geschuldet. Wie so vieles eskalierte auch dieser Trend durch die Pandemie – denn schon 2019 standen die Zeichen auf Sturm:

Generation “Psycho“ - angefasst und hoch sensibel

Das Zukunftsinstitut bezeichnet die Generation Z als die „verletzte Generation“ - eine „Mental Imbalanced Youth“. Kaum eine Generation leide so massiv an psychologischen Problemen wie diese. Betroffen sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Eine Jugend im Angstzustand. Angst vor der Klimakatastrophe, Angst vor dem Wirtschaftskollaps, Angst vor dem gesellschaftlichen Abstieg, Angst vor der Einsamkeit … Angst vor der Zukunft. Und jetzt auch noch Corona.
Doch die 20 und 30jährigen haben ein Gegenmittel. Bereits die Vorgänger-Generation – Generation Y – forderte den achtsameren Umgang mit sich und anderen. Betonte Work-Life-Balance, verwöhnte Seele und Körper mit Yoga und Yogi-Tea und holte das romantisierte Landleben in die Stadt mit Urban Gardening und Guerilla Knitting. Darüber hinaus setzen beide – Generation Y und Z – schon jetzt - ganz selbstverständlich – auf Technologie zur Stressbewältigung:

Boost wellbeing

Im Trend liegen Apps und Softwareangebote, die das persönliche Wohlergehen unterstützen. Denn Home-Office und Home-Schooling fordern ihren Tribut. Microsoft hat sich dafür prominente Unterstützung geholt: die erfolgreiche Mindfullness-App Headspace. Gemeinsam arbeitet man an der Optimierung von bekannten Microsoft-Produkten wie Microsoft Teams und Outlook. Mit dem Ziel, diese stressfreier zu gestalten und Features einzubauen, die die Produktivität steigern und gleichzeitig das Wohlbefinden erhöhen. Darüber hinaus boomen Produkte – offline wie online-, die Ruhe, Entspannung, Auszeit versprechen. Also die Frage an Sie: Was kann Ihr Produkt dazu beitragen, damit diese psychisch angespannte Generation etwas zur Ruhe kommt?

Clash of Generations: Aus Achtsamkeit wird Woke

Doch wer denkt, dass er mit „Achtsamkeit“ voll im Trend liegt, der steckt noch in den 00er Jahren. Denn der Generation Z ist das nicht genug. Sie setzt einiges drauf: „Achtsamkeit“ reicht nicht mehr aus - „Wokeness“ muss es sein. Den Ton geben jetzt die „Wokes“ an, die „Aufgeweckten“. Und so kommt es zur Kampfansage gegenüber älteren Generationen – die Babyboomern sind sowieso schuld am schlechten Zustand der Welt, aber auch Gen Y muss sich warm anziehen.
Hatte sich die Generation Y vor allem um sich selbst gekümmert, so engagiert sich Generation Z jetzt sozialer, umfänglicher und radikaler. Dabei geht es nicht um die Probleme und Schwierigkeiten einzelner. Gekämpft wird heute für die Rechte und Chancen ganzer Gruppen, Regionen und Metathemen. Schon „Friday for Future“ hat es 2019 gezeigt: man geht wieder auf die Strasse. Überall auf der Welt. Für Klimawandel, Freiheit, Toleranz, Chancengleichheit, Fairness, Gerechtigkeit. Plötzlich sind die ganz großen Themen aktuell und die ganz heißen Eisen werden angefasst. Und so geht es auch heiß her – zu heiß?

Generation Beleidigt

So lautet der Titel des aktuellen Buches der Journalistin Caroline Fourest, das seit März Platz eins der Sachbuch-Bestsellerlisten erstürmt. Die engagierte Feministin prangert dabei die zunehmende Bedeutung einer Bewegung oder gesellschaftspolitischen Haltung an, der sich gerade jüngere verpflichtet fühlen: der Identitären.
 
Ursprünglich vereinnahmten junge, elitäre Rechtsradiale diesen Begriff, um damit ihre „Identität“ zu betonen. Doch zunehmend wird der Begriff auch der linken Szene zugeschrieben. Aber ein Flügeldenken von rechts oder links ist ohnehin bald hinfällig, denn beide Seiten betonen ihre Gruppenzugehörigkeit als maßgebende und allein meinungsbestimmende Identität. Andersdenkende, die nicht der eigenen Gruppe zugehören, werden ausgeschlossen und diskriminiert. Laut Caroline Fourest sind die Identitären damit die neuen Rassisten. Wer nicht der gleichen Meinung ist, wird ausgegrenzt; Regeln werden aufgestellt, die von anderen Gruppen kaum verstanden werden und schwer anwendbar sind; Zugehörigkeit wird auf genetische Merkmale wie Hautfarbe reduziert. 

Dies führt zu neuen Grenzen und Intoleranz, denen Liberale der alten Schule kopfschüttelnd und unverständlich gegenüberstehen. Generationenkonflikte und Grabenkämpfe tun sich unversöhnlich auf – Daniel Rehn, Digital Trendscout bei der Agentur achtung! nennt dies „Clash of Generations“. Und in der Redaktion der New York Times wird es als „interner Bürgerkrieg“ bezeichnet, bei dem viele alteingesessene, erfahrene Journalisten die Segel streichen und kündigen, da sie die ideologische Haltung der jungen Journalisten nicht mehr mittragen wollen. Corona wird die Welt verändern – das wussten wir. Aber so?


Photo by Rodion Kutsaev on Unsplash



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