Outside and Inside the Box: Kreativität in Zeiten der Corona-Krise


Wie funktioniert Kreativität heute? Wie arbeiten Kreative erfolgreich und effektiv unter diesen Umständen – zwischen Quarantäne, Hamsterkauf und Home-Schooling? Die vergangenen Wochen, die wir mehr oder weniger auf kleinem Raum verbrachten, kann man getrost als Laborversuch interpretieren. Es ist eine Versuchsanordnung, die notwendig war, damit möglichst viele gesund bleiben, die aber auch spannend zu tage legte, was Kreative denn notwendig für Ideenfindung brauchen.

Aus Krisen soll man ja lernen, daher lohnt es sich, nach über sechs Wochen Lockdown kurz innezuhalten und zu reflektieren, was entscheidend ist, wenn wir uns auf die Suche nach dem Neuen macht.

Fokus und Abschweifung

Das erste, was im Lockdown verloren ging, war Konzentration. Die volle und geballte Aufmerksamkeit richtete sich plötzlich auf Infektionsraten und Pandemiekurven, auf die Ankündigungen von Politikern, auf die Erklärungsversuche von Virologen und Ärzten. Anstatt sich zu fokussieren, durchsuchten wir Social-Media-Kanäle- und TV-Sender, Zeitungen und Chats, ließen uns ablenken und treiben auf der Suche nach guten und schlechten Nachrichten. Schier unmöglich schien es, sich auf eigene Aufgaben zu konzentrieren, die darüber hinaus angesichts der weltweiten Katastrophe banal und unwichtig erschienen. Außerdem wurde der ganz normale Alltag zur Herausforderung, woher also Konzentration, Fokus und Energie nehmen, um kreative und neue Ideen zu brainstormen?

Das zweite, das uns abhandenkam, ist das genaue Gegenteil von „Fokussierung“. Es fehlte uns die Abschweifung, die Inspiration. Jeder Tag zuhause, jeder Tag alleine oder mit den gleichen Menschen, jeder Tag mit gleichen Abläufen und Ritualen. Viele Menschen können so einer Situation einiges Positives abgewinnen. Ein strikter Lebensrhythmus gibt Halt und Beständigkeit. Für Kreative ist es die Hölle. Denn plötzlich fehlen die Impulse, die Inspiration und die „Serendipity“, die Zufälligkeit und Spontanität, die der eigentliche Funke ist, der Kreativität entfacht. Alles Geplante und Strukturierte kann man getrost der R&D-Abteilung überlassen. Wer sich auf die Suche nach Innovation macht, der braucht sortierte, organisierte, planvolle Vorgänge und Abläufe. Kreative brauchen das nicht.


The New Normal

Ach, diese Gegensätze - „irreconcilable contradictions”- es sind diese unversöhnlichen Gegensätze, die wir jetzt gleichzeitig aushalten müssen und die diese „neue Normalität“ der Corona-Zeit definieren.

Und diese Gegensätze sind es auch, die bestimmen, wie wir uns heute auf die Suche nach neuen Ideen machen. Im Kleinen, wie im Großen. Wir redefinieren unsere kleinen Welten, unsere Alltagswelten zuhause, mit Freunden und im Job. Und wir justieren neu unsere großen Systeme, Firmen und Organisationen, Branchen, Wirtschaftsräume, sogar Nationen und politische Allianzen.

Dabei greifen wir auf zwei Prinzipien zurück.

Und – wie soll es anders ein – auch diese sind gegensätzlich. Denn entweder denken wir kreativ in diesen Tagen nach dem Motto „Outside the box“ oder aber „Inside the box“.

Outside the box

Noch nie kam dieses allumfassende Kreativitätsprinzip „Out-of-th-box“, das wir so oft schon gehört, aber selten befolgt haben, zum Einsatz wie heute: „Think out the box“ ist die neue Devise für Kreative, Unternehmer, Projektteams, Bürgermeister, Eltern – eigentlich für jeden auf dieser Welt. Alles ist auf den Kopf gestellt, alles wird hinterfragt. „Think out of the box“ heißt auch „Think the unthinkable”. Was einst eine verrückte Kreativitätstechnik war, ist heute Realität. Noch nie sah man so viel Neues, Unkonventionelles erdacht – und so mutige Ideen so schnell auch umgesetzt. Alle Regeln scheinen außer Kraft gesetzt und Dinge sind möglich, die in der Vergangenheit nicht einmal denkbar waren. Schnapsbrenner produzieren Desinfektionsmittel, McDonald hilft Aldi, Dirndl-Schneiderinnen nähen Schutzmasken und Turnhallen und Messehallen werden in wenigen Wochen zu Krankenhäusern umfunktioniert.

Inside the box

Und gleichzeitig gilt das Gegenteil …ja, „the new normal.“. Wir sind auf kleinen Raum limitiert, mit Home-Schooling und Home-Office auf unsere eigenen vier Wände limitiert. Jeder Gang nach draußen wird zum Hürdenlauf, wir bedecken unser Gesicht mit Masken und halten Abstand. Flugzeuge bleiben am Boden und die große, weite Welt rückt unendlich in die Ferne. Täglich kommen neue Regeln, Verbote und Gebote hinzu. Nichts ist mehr wie vorher. Dahin sind Unbeschwertheit, Spontanität und Leichtigkeit. Wo blüht hier Kreativität? Im Kleinen, inside the box. Auf der Suche nach Ablenkung, Lebensfreude und Neuem keimen Ideen im Mikroumfeld – in Wohnungen, auf Balkonen und in Gärten. Da werden Skilifte im Garten gebaut, Konzerte über Balkone hinweg gegeben, Kunstwerke mit Heimmitteln nachgestellt. User Generated Content, das ungeliebte Schmuddelkind von Social-Media, mit dem diese Plattformen einst groß geworden ist, der in den letzten Jahren aber geschmäht und eher verachtet wurde, kommt zu neuem Ruhm, denn erzählt jetzt seine Geschichte. Und diese kleinen Stories, erzählt „inside the box“, die wollen wir hören, denn wir selbst stecken ja ebenso in so einer Box.

Das ist es also

Das ist es, was uns Kreative antreibt: die Gegensätze. Die Ruhe und die Aufregung, das Geplante und das Zufällige, das Große und das Kleinste. Und daher ist das jetzt unsere Zeit. Muss es auch sein, denn diese „neue Normalität“ braucht viele neue Ideen.

Also, ihr Kreativen da draußen: ran an die Arbeit!


Für alle, die auf der Suche nach Kreativitätstechniken sind – für „allein, daheim und online“, hier findet ihr Tipps und Tricks, um euch auf Ideen zu bringen: https://www.petrasammer.com/creativity/creative-tools/

Photo by Jr Korpa on Unsplash

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