
Dienstagmorgens in München. Unter der Glaskuppel bei Ketchum versammelten sich rund 50 PR-Profis und Pressesprecherinnen zur Frage: Wie sieht die Kommunikation der Zukunft aus? Der Cision Trend Talk, organisiert von der DPRG Bayern und Cision Germany, versprach Einblicke in die drängendsten Themen unserer Branche – und auch, wenn ein Blick in die Glaskugel derzeit fast unmöglich scheint, konnten wir doch einige Trends aufzeigen. Statt PowerPoint-Prognosen gab es Haltung, statt Bullshit-Bingo ehrliche Diskussionen. Mit auf dem Podium: Lara Busch von Buschkommunikation, Kerstin Steglich von Ketchum, Prof. Dr. Michael Bürker, DPRG Bayern und Professor an der Hochschule Landshut – und ich mittendrin (Zur Veranstaltung gibt es auch ein Whitepaper -
kostenlos zum Download).
KI, Glaubwürdigkeit, Krise – eine Branche im Spannungsfeld
Klar, dass wir gleich zu Beginn um das Thema KI nicht drumherum kamen. Wir nutzen sie, wir misstrauen ihr – und doch ist sie längst Mitspieler, nicht nur Werkzeug. „Wir müssen KI als Stakeholder ernst nehmen“, sagt Kerstin Steglich. Und sie hat recht. Insbesondere im Bereich Krisenkommunikation – Kerstins Spezialgebiet – bietet die neue Technologie ungeahnte Möglichkeiten, vor allem aber Risiken. Maschinen verarbeiten keine Wahrheiten, sondern Wahrscheinlichkeiten. Das verändert unsere Kommunikation tiefgreifend. Gleichzeitig wurde deutlich: Die größte Herausforderung bleibt das Vertrauen. Darauf zielte auch die Frage an mich ab, wie wir zu mehr Glaubwürdigkeit in der Kommunikation kommen:
„Glaubwürdigkeit“, so meine Meinung, „hat nicht ausschließlich mit dem Wahrheitsgehalt einer Botschaft zu tun. Denn Glaubwürdigkeit hängt vor allem am Absender der Botschaft. Wenn wir der Person oder dem Unternehmen vertrauen, dann glauben wir – fast – alles. Der Blick in die USA und zum Kommunikationsverhalten des derzeitigen Präsidenten beweist genau diesen Aspekt.“
Und doch ist das kein Vorbild. Wir wollen hoffen, dass auch in Zukunft Haltung, Konsistenz und Verhalten dazu beitragen, dass einem Unternehmen Glauben geschenkt wird. Denn was Unternehmen tun, zählt mehr als das, was sie sagen. Und das besonders in einer Zeit, in der die Krise keine Ausnahme mehr ist, sondern Dauerzustand.
Polyfonie statt PR-Monolog: Kommunikation wird Teamarbeit
Ein Begriff, der hängen blieb: Polyfonie. Ein Begriff, der besonders Lara Busch am Herzen liegt. Kommunikation ist heute kein Solopart mehr – sondern ein orchestriertes Zusammenspiel vieler Stimmen. Mitarbeitende, Partner, Kundinnen, Stakeholder – alle sind Teil der Kommunikationsrealität eines Unternehmens. Das ist anspruchsvoll, aber auch eine große Chance. Denn wer Vielfalt zulässt, wird gehört. Dafür braucht es Mut, klare Rollen und ein modernes Kommunikationsverständnis. Und ganz entscheidend: nicht nur den Anspruch, ausschließlich selbst zu senden, sondern auch zuzuhören. Eine Kunst, die mehr und mehr verloren geht. Alle Panelteilnehmer und Speakerinnen betonten, wie wichtig das sogenannte „Corporate Listening“ ist. Ein schicker Begriff, hinter dem doch nur das gute alte „aktive Zuhören“ steckt. Viel zu sehr konzentriert sich die Unternehmenskommunikation jedoch aufs Senden.
Substanz statt Schein: Nachhaltigkeit benötigt mehr als Worte
Auch verloren hat sich wohl ein ganz anderer Begriff: Nachhaltigkeit. Die Klimakrise ist in der politischen Debatte kaum mehr Thema, und so auch immer weniger präsent in der Unternehmenskommunikation. Dabei müsste die Nachhaltigkeitskommunikation auf ein ganz anderes Level gehoben werden – weg von der Greenwashing-Fassade oder der leidigen Debatte ums Reporting, statt dessen neu aufgeladen als Prüfstein für echte Unternehmenskommunikation. „Ein gutes Narrativ reicht nicht“, war der klare Tenor. Wer nur erzählt, aber nicht handelt, verspielt Vertrauen. Kommunikation muss spiegeln, was im Inneren eines Unternehmens wirklich passiert. Alles andere ist kurzfristig – und wird langfristig entlarvt. Nachhaltigkeitskommunikation muss eigentlich zur Kommunikation der Business-Strategie werden.
Und wie sieht es in zehn Jahren aus?
Der Cision Trend Talk war kein Event mit simplen Antworten, sondern ein Vormittag voller komplexer Aspekte, die unsere Branche derzeit bewegen. Die wichtigste davon kam aus dem Publikum mit der Frage: Wie sieht Unternehmenskommunikation in zehn Jahren aus? Ich habe mich – ein bisschen vorlaut – um eine Antwort bemüht, denn ich bin mir sicher, dass wir in zehn Jahren sehr viel Kommunikation von Maschinen für Maschinen sehen werden. Doch Platz wird es auch für Menschen geben. Michael Bürker zitierte an dieser Stelle Philip Dick's Kurzgeschichte: „Träumen Androiden von elektrischen Schafen“. In der Story, die als Grundlage für das Drehbuch zum Science-Fiction-Film Blade Runner diente, geht es um eine Gesellschaft, in der es ein Luxus und Privileg ist, ein echtes Haustier zu haben. Die breite Masse der Menschen kann sich in dieser Welt leider nur noch ein Androiden-Haustier leisten, denn die echten Schafe, Kaninchen oder Schildkröten sind fast ausgestorben und daher rar. Vielleicht gibt Philip Dick damit auch einen Hinweis auf unsere Zukunft: die Zusammenarbeit in der PR mit einem „echten“ Team, mit Kolleginnen und Kollegen aus Fleisch und Blut und der Rat eines „echten PR-Beraters“ – das wird in Zukunft Luxus sein. Alle anderen werden sich mit AI-generiertem Content begnügen müssen. (Zur Veranstaltung gibt es auch ein Whitepaper -
kostenlos zum Download).