Die Story hinter Ihrem Rücken: PowerPoint

 


»We don’t know where we get our ideas from. We do know that we do not get them from our laptops.« – John Cleese

95 Prozent aller Präsentationen weltweit werden angeblich mit Power-Point präsentiert. Der Informationswissenschaftler und Grafikdesigner Edward Tufte schätzt, dass jährlich weit über 100 Milliarden Folien mit PowerPoint erstellt werden.

»Punch the button and you’ll have a presentation.«

Mit diesem Spruch erklärt Bob Gaskin, einer der Väter von PowerPoint, den Grundgedanken des Programms und auch dessen Namen. »Die Idee war verrückt, und der Name war auch eigentlich als Witz gemeint, aber Microsoft hat ihn dann einfach behalten«, so Gaskin über die Entstehung des erfolgreichsten Softwareprogramms aller Zeiten. Heute hat sich eine Hassliebe zu dem Programm entwickelt, das Microsoft 1987 für 14 Millionen US-Dollar der Firma Forethought abkaufte.

»Death by PowerPoint« ist einer der meistzitierten Sprüche auf Unternehmensveranstaltungen und Kongressen. Unter all den vielen Vorwürfen, die man PowerPoint machen kann – vielmehr den unfähigen Nutzern von PowerPoint –, sind drei sicher die herausragendsten: das Triple Delivery Problem, Simplifizierung und Entmenschlichung. 


Videotipp: Wer sich die schlimmsten Power-Point-Verfehlungen ansehen will, der hat sicher Spaß an der Persiflage von Don MacMillan: »Life After Death by PowerPoint«. Obwohl von 2009 hat es immer noch einiges an Wahrheit. Und witzig ist es immer noch.

Drei Mal serviert: Triple Delivery Problem

Viele Präsentatoren nutzen PowerPoint-Folien als Notiz- oder gar Spickzettel. Im schlimmsten Fall lesen sie direkt von der Folie ab. Dies ist der Grund dafür, dass so manches Publikum die gleiche Geschichte wortwörtlich drei Mal serviert bekommt: erstens beim Zuhören durch das gesprochene Wort des Redners, zweitens beim Betrachten und Ablesen der Sätze und Bullet Points auf der Folie und drittens beim Nachlesen im Handout, das später ausgeteilt wird und das eben nur eine Kopie der bereits gezeigten PowerPoint-Folien ist.

So einfach ist das: Simplifizierung

»PowerPoint could lead us to believe that information is all there is.«

Clifford Nass, Professor an der renommierten Stanford-Universität, weiß um die Gefahr, die in PowerPoint steckt. In Folien neigen wir dazu, Inhalte zu simplifizieren und zu banalisieren.

Genau diesen Effekt hatte Bob Gaskin vor Augen, als er PowerPoint entwickelte. Er wollte mit seinem Programm Präsentatoren helfen, komplexe Themen einfach zu visualisieren. Doch die Simplifizierung hat auch ihre Schattenseiten. Allzu schnell neigen wir dazu, alles, was in PowerPoint präsentiert wird, für wichtig zu erachten, und alles, was nicht in der Darstellung zu sehen ist, zu ignorieren. Hinzu kommt, dass es eine Stärke des Programms ist, Ergebnisse, Resultate und statische Zustände darzustellen. Schwierig wird es, wenn flexible Zustände, laufende Überlegungen und Entstehungsprozesse visualisiert werden sollen. Hier kommt PowerPoint eindeutig an seine Grenzen.

Entmenschlichung

Den größten Vorwurf, den man PowerPoint aber macht, teilen selbst diejenigen, die das Programm Ende der 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts mitentwickelt haben. Cathy Belleville zum Beispiel, Grafikdesignerin und eine der Mütter der Cliparts, die in PowerPoint mitgeliefert werden, räumt ein:

»I think that we as a people have become unaccustomed to having real conversations with each other, where we actually give and take to arrive at a new answer. We present to each other, instead of discussing.«

All dies sind Gründe dafür, dass Jeff Bezos PowerPoint und ähnliche folienbasierte Softwareprogramme für Meetings in seinem Unternehmen, Amazon, verbietet und stattdessen Storytelling propagiert.

»We don’t do PowerPoint presentations at Amazon. Instead, we write narratively structured six-page memos. We silently read one at the beginning of each meeting in a kind of ›study hall‹. Not surprisingly, the quality of these memos varies widely. Some have the clarity of angles singing. They are brilliant and thoughtful and set up the meeting for highquality discussions. Sometimes they come in at the other end of the spectrum.«

So Bezos in seinem Jahresbrief an Mitarbeiter und Aktionäre 2018, in dem er die Besprechungskultur des Unternehmens erläutert. »I’m actually a big fan of anecdotes in business. (...) Amazon uses a ton of metrics to measure success«, erklärt Bezos auch in einem seiner Führungskräftemeetings. 

»I’ve noticed when the anecdotes and the metrics disagree, the anecdotes are usually right. (...) That’s why it’s so important to check that data with your intuition and instincts, and you need to teach that to your executives and junior executives.« 

Ganz so verteufeln muss man PowerPoint nicht. Das Programm hat absolut seine Vorzüge --- doch wer gut erzählen will, mit Hilfe eines Satz an Folien, der sollte doch einiges berücksichtigen. Hier ein paar Tipps für den Einstieg:
  • Less is more: Überprüfen Sie, ob Sie den Text auf Ihren Folien weiter reduzieren können. Text dient als Anker für Ihr Publikum, nicht als Spickzettel für Sie als Redner.

  • Simple: Schlagworte oder kurze Sätze auf Folien. Verwenden Sie niemals komplexe Satzkonstruktionen.

  • Visual Turn: Erhöhen Sie den Bildanteil Ihrer Präsentation auf über 50 Prozent. Bilder sind schneller erfassbar als Text, daher unterstützen Bilder Ihre Rede weitaus besser als Text.

  • Bigger is better: Besser ein großes, scharfes Bild als viele kleine Bilder. Die ästhetische Wirkung einzelner Motive ist höher, wenn Sie sich auf ein Motiv beschränken.

  • Authentisch, relevant, sinnlich: Greifen Sie nicht auf langweiliges Stockmaterial, auf Symbolbilder zurück, die man schon hundertfach gesehen hat. Nutzen Sie echte, originelle Motive. Bilder, die Sie vielleicht sogar selbst aufgenommen haben. Bilder, die die Sinne reizen und das Auge verwöhnen.

  • Simpel oder komplex – wie Sie wollen: Je reduzierter Ihre Folien gestaltet sind, umso mehr dürfen Sie davon zeigen. Je komplexer Ihre Folien sind, umso weniger Folien dürfen Sie einsetzen. Denn jede Folie gilt es ja ausführlich zu erklären.

Interesse an noch mehr Tipps und Tricks rund um das Thema „Storytelling in Rede und Präsentation“? Dann lesen Sie doch gerne weiter. In dem Buch, aus dem dieser Text stammt: What´s your Story? Leadership Storytelling für Führungskräfte, Projektverantwortliche und alle, die etwas bewegen wollen, O´Reilly, 2019.

Und Sie wollen noch einen Talk zum Thema "Storytelling" ansehen? Dann interessiert Sie vielleicht mein aktueller TEDx-Talk "Über gutes Storytelling und die dunkle Seite des Erzählens".

Photo by Isi Parente on Unsplash

 


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