Treiben Sie es zu bunt! Über die Erzählkraft von Farbe
„It´s safe to say that color is a very complex beast“
Mark D.West sagt dies in seinem Buch „Stories that Move Mountains“ und es geht ihm um die schwierige Frage, welche Farbe denn die richtige für die eigene Story ist. Und wie man sich überhaupt mit dem Thema Farbe auseinandersetzen soll, wenn man kein Grafiker ist.
Farbe?
Wann haben Sie sich das letzte Mal ernsthaft mit Farben auseinandergesetzt? Etwa bei der Frage nach Ihre Lieblingsfarbe? Für manche ist das einfach, für andere schwer zu beantworten (pssst: die Lieblingsfarbe der Deutschen ist mit Abstand: „blau“).
Vielleicht haben Sie sich aber auch mit dem Phänomen „Farbe“ beschäftigt nach der Frage Ihres Partners*in, ob man denn die eigenen vier Wände bunt streichen solle. Das sei jetzt trendy. Müllers und Meiers haben das auch gemacht: Wohnzimmer in kamel-ocker, Schlafzimmer in lindgrün. Wirkt beruhigend.
Vielleicht kam das Thema „Farbe“ aber auch im letzten Meeting mit Ihrer Agentur auf. Die meinte, dass man das Corporate Logo nach dreißig Jahren mal aktueller und frischer machen solle – weil es dann „digital besser kommt“.
Farbe ist nicht selbstverständlich
Die meisten von uns nehmen Farben kaum war. Sie sind selbstverständlich, oder? Weit gefehlt – und die Abwesenheit von Farbe zeigt uns ihre enorme Bedeutung.
Neil Harbisson weiß das sehr genau. Als junger Mann sah Harbisson die Welt ausschließlich in schwarz, weiß und verschiedenen Grautönen. Doch ihm war das nicht bewusst. Harbisson leidet unter Achromatopsie. Er ist komplett farbenblind. Eine unheilbare Krankheit. Die Ärzte sagten ihm, dass er nie Farben sehen werden.
Sie sollten sich irren, denn Harbisson erschloss sich die Welt der Farben auf ungewöhnliche Art und Weise. Während seines Musikstudiums lernte er einen jungen Ingenieur und Kybernetiker kennen, der ihm half ein Gerät zu entwickeln, das es ihm ermöglichte Farben zu … hören!
Ein Computer, ausgestattet mit einer Kamera und Kopfhörern, registriert die Spektralwerte der Farbe, die Harbisson sieht, und übersetzt diese Werte in Töne. So kommt es, dass Neil Harbisson heute die Welt als farbige Komposition hört und sehr wohl wahrnimmt, dass sie aus mehr besteht als nur Schwarz, Weiß und Grau.
Für visuelles Storytelling sind Farben von ganz entscheidender Bedeutung. Wer sich mit der Kunst des Geschichtenerzählens auseinandersetzt, muss um die Kraft der Farben und ihren Möglichkeiten wissen.
Ein lehrreicher Einstieg in die Kunst des farbenreichen Erzählens ist der inspirierende Videoessay „Colour in Storytelling“ von Lewis Bond. Bond lädt mit einem orgiastischen Farbrausch ein, die Welt der Farben im Film zu entdecken und den absichtsvollen Einsatz bestimmter Farben in Filmszenen selbst zu erfahren. Der Filmemacher erläutert dabei ausführlich die wichtigsten Komponenten von Farbe, die jedem, der sich mit visuellem Storytelling beschäftigt, vertraut sein sollten: Farbton, Farbsättigung und Farbwert. Was passiert beim Betrachter, wenn man einen der drei Komponenten verändert? Welchen Einfluss kann Farbe auf den Verlauf einer Geschichte nehmen, wenn man Farbton, -wert oder Farbsättigung manipulativ einsetzt. Die Wirkung ist enorm und Bond unterstreicht dies mit anschaulichen Beispielen.
Farben spielen eine entscheidende Rolle im Storytelling. Sie machen aufmerksam, lenken unseren Blick, unterstützen assoziativ und emotional den Plot und treiben die Immersion voran. Farben helfen uns, in eine Geschichte einzutauchen, setzen Zeichen und strukturieren.
Der Einsatz von Farbe im Storytelling – in Text, Bild und vor allem Film – sollte niemals dem Zufall überlassen werden. Achten Sie bei Ihrem nächsten Kinobesuch oder Serienstreaming auf die Farben (Extrembeispiele sind „Die wunderbare Welt der Amelie“ – dominierende Farben sind Grün und Gelb. Oder die Serie „Haus des Geldes“ – entscheidende Farbe: Rot).
Farbe ist mehr als Ästhetik
Farben definieren Gestalt und Aussehen von allem, was wir sehen. Sie sind aber weit mehr. Wir nutzen sie intuitiv emotional. Sie wecken in uns Gefühle. Sie wecken in uns Erinnerungen und wir verwenden Sie als Symbole und Codes.Für visuelles Storytelling sind Farben von ganz entscheidender Bedeutung. Wer sich mit der Kunst des Geschichtenerzählens auseinandersetzt, muss um die Kraft der Farben und ihren Möglichkeiten wissen.
Ein lehrreicher Einstieg in die Kunst des farbenreichen Erzählens ist der inspirierende Videoessay „Colour in Storytelling“ von Lewis Bond. Bond lädt mit einem orgiastischen Farbrausch ein, die Welt der Farben im Film zu entdecken und den absichtsvollen Einsatz bestimmter Farben in Filmszenen selbst zu erfahren. Der Filmemacher erläutert dabei ausführlich die wichtigsten Komponenten von Farbe, die jedem, der sich mit visuellem Storytelling beschäftigt, vertraut sein sollten: Farbton, Farbsättigung und Farbwert. Was passiert beim Betrachter, wenn man einen der drei Komponenten verändert? Welchen Einfluss kann Farbe auf den Verlauf einer Geschichte nehmen, wenn man Farbton, -wert oder Farbsättigung manipulativ einsetzt. Die Wirkung ist enorm und Bond unterstreicht dies mit anschaulichen Beispielen.
Farbe verdichtet Gefühle
Das Orange von Uma Thurmans Hosenanzug in „Kill Bill“ ist kein Zufall. Die grelle Farbe unterstreicht ihre Wut und den Furor der enttäuschten Braut. Die Farbauswahl der fünf Protagonisten im Pixarfilm „Alles steht Kopf“ entspricht genau unserer Vorstellung bestimmter Gefühle – Ekel ist grün. Wut ist rot, Freude ist sonnengelb, Kummer ist eisblau und Angst ist lila. Und im Film „Der letzte Kaiser“ markieren die Farbveränderungen von Rot zu Gelb und schließlich zu Grün die Lebensabschnitte des Kaisers und seiner mentalen Veränderungen.Farben spielen eine entscheidende Rolle im Storytelling. Sie machen aufmerksam, lenken unseren Blick, unterstützen assoziativ und emotional den Plot und treiben die Immersion voran. Farben helfen uns, in eine Geschichte einzutauchen, setzen Zeichen und strukturieren.
Der Einsatz von Farbe im Storytelling – in Text, Bild und vor allem Film – sollte niemals dem Zufall überlassen werden. Achten Sie bei Ihrem nächsten Kinobesuch oder Serienstreaming auf die Farben (Extrembeispiele sind „Die wunderbare Welt der Amelie“ – dominierende Farben sind Grün und Gelb. Oder die Serie „Haus des Geldes“ – entscheidende Farbe: Rot).
Farben an Wänden, an Kleidung, an allen Gegenständen, aber auch der Landschaft, in der eine Geschichte spielt, sie alle verdichten die Erzählatmosphäre oder stehen sogar als Metapher für die Gefühlswelt der Protagonisten der Story.
Corporate Color
Natürlich ist Corporate- oder Brand-Storytelling nicht Hollywood. Oder doch? Der Werbespot der Marke Dulux. „Colorless Future“ zeigt eine Science-Fiction-Welt, in der die Farbe Weiß dominiert – alle anderen Farben wurden in den Untergrund gezwungen. Die Story ist eine Überhöhung des Markenversprechens von Dulux und eine herrliche Analogie darauf, wie wir heute mit Farbe in unserem Leben umgehen.
Auch wenn Sie nicht Farbenhersteller sind, Ihr Unternehmen, Ihr Produkt, Ihre Marke kann sich der Bedeutung von Farbe nicht entziehen. Und damit ist eben nicht nur die „Corporate Color“ und das Markenhandbuch gemeint, das die Farben Ihres Logos definiert.
Visuelles Erzählen fordert von uns Storytellern - ganz besonders in der Unternehmenskommunikation und im Marketing – den bewussten Umgang mit Farbe, „Farbe“ als strategische Komponente anzuerkennen und diese subtil oder dominant - gezielt - einzusetzen. Daher also die Frage: Mit welchen Farben, erzählen Sie Ihre Geschichte?
Schauen Sie also zukünftig gut hin (und ziehen Sie um Himmels Willen keinen orangen Overall zur nächsten Party an).
Übrigens, laut Dulux ist die Farbe des Jahres 2020: Tranquil Dawn. Welche Farbe dies genau ist, was das mit Digitalisierung und Menschlichkeit zu tun hat, sehen Sie hier.
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Drei Tipps zum Abschluss:
- Sie wollen mehr erfahren über „Visual Storytelling“? Dann starten Sie doch erst ein mal mit dieser kleinen Präsentation auf Slideshare.
- Buchtipp: Oder lesen hier weiter „Visual Storytelling für Marketing und PR“ von Petra Sammer und Ulrike Heppel, erschienen bei O´Reilly, 2015
- Oder vertiefen Ihr Wissen mit einem Onlinetraining – auf LinkedIn: „Visual Storytelling für Marketing und PR / Onlinetraining“