IST DAS NORMAL? DIE WELT IM POPC MODUS



Manchmal muss man einfach dankbar sein – für großartigen Journalismus. Dankbar, dass Peter Vorderer und Christoph Klimmt ihre Thesen zum Gemütszustand „POPC“ (permanent online, permanent connected) in der ZEIT ausbreiten durften. Die beiden Herren haben unglaublich lange Titel und Berufsbezeichnungen, aber daran erkennt man schon, dass sie es mit der Analyse des modernen Informationsverhaltens wirklich erst meinen. Peter Vorderer (56, das Alter ist bei so einem Thema durchaus interessant) ist Leiter des Instituts für Medien- und Kommunikationswissenschaften der Universität Mannheim und außerdem Präsident des Weltverbandes der Kommunikationswissenschaftler (ICA).
Christoph Klimmt (39) ist Leiter des Instituts für Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover und gleichzeitig Mitherausgeber des „Journal of Media Psychology“. Und man wird gleich verstehen, dass das Folgende sehr viel mit Medien, Kommunikation und Psychologie zu tun hat.

Vorderer und Klimmt haben bereits im Januar 2016 siebzehn Thesen veröffentlicht, die radikal aufzeigen, was es bedeutet, wenn „online“ der Normalzustand ist und „offline“ als Notsituation empfunden wird. Aus dem wunderbaren Artikel möchte ich hier einige Thesen herausgreifen, um Lust auf mehr zu machen (Die Thesen sind Originalzitate - die Interpretation stammt von mir) … Lesen Sie dann einfach alles Weitere in der ZEIT.

  • Wissenszugang ersetzt Wissen: Klingt simpel, verändert aber unser Lern- und Rechercheverhalten radikal. Expertentum drückte sich früher durch Wissenvielfalt und Reichtum aus. Heute sind diejenigen als Experten anerkannt, die wissen wo man schnell und effizient recherchieren („searchen“) kann.
  • Crowd-Befragung ersetzt Kreativität: Da zuckt der Kreative durchaus zusammen. Sind Kreative in der Zukunft überflüssig? Nun, auf jeden Fall müssen sie sich eine neue Nische suchen und ziemlich ins Zeug legen. Denn die „Crowd“ ist gar nicht so schlecht. Auf jeden Fall hat sie wesentlich mehr Ressourcen zur Verfügung und das ist schon ein massiver Vorteil.
  • Big Data ersetzt Intuition: Ja, das „Bauch-Gefühl“ geht verlohren. Ob das tatsächlich so gut ist, wird sich zeigen.
  • Konversationsfäden ersetzen Gespräche: Wir zerlegen unseren SmallTalk in winzig kleine Mini-Häppchen und führen diesen unendlich weiter. Online gibt es dafür kein Limit. Offline wird es dagegen schwieriger. Denn von Angesicht zu Angesicht kann man sich keine Emojis oder Satzfetzen zuwerfen. Da müssen wir dann wohl wieder was einüben, was wir uns online längst abgewöhnt haben.
  • Aufmerksamkeit ersetzt Wertschätzung: Manche kennen ja noch das Fleißbildchen aus der Schule. Das gibt es jetzt auf Facebook in Form eines Daumens hoch und auf Twitter als Herzchen. Aber echte Wertschätzung sieht anders aus. Oder haben wir das schon vergessen?
  • Dauerangebot ersetzt Langeweile: Endlich ist sie weg die blöde, fade Zeit. Ok, wir sind jetzt ziemlich gehetzt und kommen kaum mehr hinterher bei all den Status-updates, CandyCrushes und WhatsappPings. Aber auf jeden Fall ist uns nicht mehr langweilig. Oder finden Sie Facebook plötzlich auch so fad? Na dann fangen wir halt was anderes an … her mit Snapchat.
  • Zustimmung ersetzt Meinungsbildung: Ja, richtig gehört … die beiden Medienwissenschaftler weisen uns darauf in, dass wir so stark damit beschäftigt sind, zu liken und zu sharen, dass wir gar nicht mehr dazu kommen, uns eine eigene Meinung zu bilden. Lieber übernehmen wir die Meinung anderer. Ist auch ungefährlicher so, schließlich könnte man für eine unabhängige, eigene Meinung an den Online-Pranger gestellt werden.


Na, Lust auf mehr? Denn dies sind nur sieben von 17 wunderbaren Thesen … wie die Welt im POPC-Modus tatsächlich aussieht. Zu Lesen unter dem Titel "Das neue Normal". Total normal.

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